Redebeitrag Kundgebung "Keine Ruhe dem IfS - Für die Freiheit - gegen autoritären Wahn!" 16.9.2017 in Schnellroda

Liebe Mitdemonstrant*innen,

wir haben heute schon viel darüber gehört, dass das IfS nicht nur Sammelbecken der immer wieder konstruierten “Neuen Rechten” ist, sondern im Wesentlichen ein ganz normaler Haufen von Faschos. Die Gefährlichkeit der identitären, metapolitischen Menschenverachtung, für die man immer wieder neue Begriffe ersinnt, liegt - bezogen auf die gesellschaftliche Stellung - also weniger daran, dass hier irgendwas neues, intellektuelles oder was auch immer erdacht würde. Wie auch bei diesen ganz gewöhnlichen Wald- und Wiesennazis? Der Oberführer Götz Kubitschek lässt seine Akademien von lokalen Nazi-Schlägern schützen und die Identitären setzen einfach nur konsequent ihre NPD- und Kameradschaftsvergangenheit fort. Der Bruch ist also ausschließlich im Stil begründet, der in der bürgerlichen Gesellschaft, die Studium, akademischen Grad und Fremdwörter immer noch mit Vernunft gleichsetzt, eben ganz gut ankommt. Diese Kritik muss auch verstärkt an die ganzen Spiegelredakteur*innen gerichtet werden, die in Schnellroda journalistisch zu arbeiten gedenken und dabei irgendwelche Mysterien zu entdecken glauben.


Die Gefahr, die von der faschistischen IfS-Struktur selbst ausgeht, ist dementsprechend auch nicht allzu groß: Ohne Beihilfe von Leuten, die es eigentlich besser wissen müssten, wäre da wenig los. Eine zweite Gefahr liegt allerdings in der identitären Ideologie, also der Vorstellung, dass sich alle guten Volksdeutschen ihrer eigenen heimatlich, ethno-kulturellen Identität besinnen müssten, um sich gegenüber Feinden im Inneren und Äußeren zu verteidigen. Da - und das geben die Nazis selber zu - diese jeweiligen Identitäten einfach nur konstruiert sind, müssen die Gründe für die Konstruktion immer wieder aufs neue hergestellt werden. Was an sich hart absurd wirkt, ist es auch, bräuchte man doch ohne eigene Konstruktion das ganze nicht und es würde in sich zusammenfallen und weder die noch wir müssten heute in Schnellroda sein.


Leider geht die fehlende Logik daran in einem geschlossenen Kreislauf auf: Sie erklärt die Identität zum Urgrund, da danach alle Menschen streben würden, alle es fühlen würden. Das kann zwar niemand beweisen, aber wird einfach mal angenommen (eine Nebenbemerkung: sehr wissenschaftlich ist das nicht, egal wie viele akademische Titel die Nazis hier anschleppen), was dazu führt dass jede Untat, die einem Fremden zugeschrieben wird, genauso Beleg der These wird, wie jede vermeintliche Untat, die ein eigener Volksdeutscher macht. Der Fremde kennt angeblich seine Identität und geht deswegen auf uns, die für ihn anderen, los. Der schlechte Volksdeutsche geht zB auch auf andere los, aber das macht er, weil er seine Identität vergessen habe. Und so finden sich für eine wahnsinnige These immer wahnwitzigere Beweise und man findet sich plötzlich im Mittelmeer und kurz vor dem Kentern wieder.

Gefährlich ist daran, dass die Identitären hier von einem immer weiter eskalierenden Konflikt zwischen Identitäten ausgehen. Jede Gegendemo gegen ihre faschistische Anschauung, wird zum Beweis für identitätsfeindliche Dekadenz, jede geflüchtete Person zur Bedrohung, die “das Fass wirklich zum Überlaufen” bringe. Und mit jeder Sekunde, in der ihre natürlich völlig irre völkische Revolte nicht in Gang kommt, weil es der Mehrheit dann doch letztendlich noch egal ist, wird die Apokalyptik der faschistischen Kader größer. Diese Vorstellung, im Inneren einen Feind zu haben, der einen der äußeren Zerstörung ausliefert, wird immer wieder zum Programm für Vernichtung. Gegen die imaginierte Attacke auf die eigene Identität hilft nur rohe Gewalt, um das Eigene zu bestätigen. Dies ist einer der Gründe dafür, warum die sogenannte “Neue Rechte” immer wieder gewaltsame Bilder wählt und sich auch selbst nicht nur für Gewalt vorbereitet, sondern sie auch ausübt. Was bis jetzt, zB bei den Identitären in Halle, einzelne Übergriffe waren, kann sich in den faschistischen Sekten um das IfS weiter enthemmen und zum ideologisch konsequenten Straßenterror übergehen. Dagegen gilt es vorzugehen und davor gilt es zu warnen. Vor allem diejenigen, die tatsächlich wider besseren Wissens noch Unterschiede zwischen Nazis und IfS machen.

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