Hochschulinformationstag (HIT) 2017

Gestern waren wir natürlich auch beim Hochschulinformationstag. Wir sind bei Mate und Sterni mit zukünftigen Erstis ins Gespräch gekommen, haben Sticker verteilt und auf die Widersprüche dieses Tages und auf Defizite im Universitätsbetrieb hingewiesen. Unsere (neu aufgelegte) Kritik am Hit gibts hier:

Gegen die HIT-Parade!

Heute findet der Hochschulinformationstag (kurz: HIT) statt, der von der hiesigen Universität als Möglichkeit, die Luft an einer "altehrwürdigen und doch wieder jungen Universität zu schnuppern", beworben wird. Hier sollen die potentiellen Neu-Studierenden für die Angebote der Universität begeistert werden und man lässt sich die Werbung einiges kosten. Wie bei jeder Werbung geht es recht offensichtlich darum, die Kund*innen - in dem Falle die zukünftigen Studierenden - vom eigenen Angebot zu überzeugen und dazu zu verführen, dieses gegenüber allen anderen zu bevorzugen.

Wie üblich: Marketing

Die Universität besteht allerdings darauf, dass sie mehr ist als ein Unternehmen, hier soll mensch nicht ausgebeutet, sondern fröhlich empfangen werden und es geht angeblich auch nicht um reine Verwertung und Profitstreben, sondern darum sich hier selbst zu verwirklichen und zu bilden. Tatsächlich ist an diesem Anspruch nichts dran, denn der HIT ist als Werbemaßnahme nicht von einer Auto- oder Urlaubsmesse zu unterscheiden. Würde es der Universität wirklich um die Menschen gehen, die eine möglichst rationale Studienentscheidung treffen wollen, müsste sie eine faire Pro- und Contra-Liste anlegen. Neben den Dingen, die Halle sicherlich positiv angerechnet werden kann, müsste dann einiges auf der Contra-Seite stehen.

Danke für deine Bewerbung...

Diese Unehrlichkeit, die die Praxis der Universität vom eigenen rationalen Anspruch meilenweit entfernt und sie in Konkurrenz und Marketing-Aktiönchen aufgehen lässt, hat natürlich einen Grund. Die Uni Halle kriegt für jede einzelne Immatrikulation bares Geld aus den Mitteln des Hochschulpaktes und möchte sich so über Wasser halten. Dabei spielt es keine Rolle, ob jemand den Abschluss schafft, wichtig sind nur die Ersteinschreibungen. Darüber hinaus lassen etliche europa- und bundesweite Rankings aus der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft der Universität keine Ruhe: Wer zur Elite oder zumindest nicht zum letzten Rest zählen möchte, sollte immer mehr Bewerbungen als Studienplätze vorweisen können. Denn was steht mehr für Exzellenz als die Tatsache, dass man Leute, die mensch beim HIT zuerst umwirbt, am Ende vor der Tür lässt oder gar rausschmeißt?
... du bist leider raus!
Unter dieser Praxis, ausgelöst durch die Konkurrenz der Hochschulen untereinander, leiden dementsprechend die angehenden Studierenden, die bis zum Ende um ihren Platz bangen müssen und kaum ordentliche Informationen über ihr zukünftiges Studium bekommen. Darüber hinaus hinterlässt die Fokussuierung auf Rankings, auf die Privatwirtschaft und auf Prestigeprojekte nachhaltigen Schaden bei der angeblich "interessenlosen" Wissenschaft. Statt hier Wissensdrang, Neuheiten und von Verwertungsdruck losgelöstes Vorgehen zu unterstützen, werden in den Naturwissenschaften ganze Fachbereiche zu Dienstleistern der Wirtschaft, die damit auch Zugriffsrecht auf die Ergebnisse hat. Die Geistes- und Sozialwissenschaften sind für die Privaten weniger interessant, diese Rolle übernimmt der Staat. Die Fachbereiche werden zusammengekürzt und müssen bei öffentlichen Institutionen um ihr Weiterbestehen betteln. Das Rennen machen gerne politisch gewünschte oder werbeträchtige Inhalte.

Überwachen und Strafen: Amt und Eltern

Mit etwas Pech werden die angehenden Studierenden aber gar nicht dazu kommen, sich den Problemen des universitären Betriebes zu widmen, denn steigende Mietpreise und andere Kosten in Halle, die ständig steigende Prüfungslast und der Kampf aller gegen alle im Seminar und in der Vorlesung, können das Studium ganz unabhängig von den oftmals gruselig vermitteltenden Inhalten sehr unschön machen. Wer dann einen Tag länger braucht, als es die Regelstudienzeit zulässt, hat dann entweder das BAFöG-Amt im Nacken oder die beständig kreisenden Helikoptereltern neben sich, die Volljährigkeit genauso so wenig akzeptieren wie die Tatsache, dass ihr Kind ausgezogen ist. Bis zur festen Karriere- und Familienplanung wollen Staat, Uni und Familie den*die Student*in kontrollieren und die Chancen, sich dagegen zu wehren, stehen gar nicht mal so gut.

Das Ganze hat System

Diese ganzen unerfreulichen Phänomene sind natürlich nicht auf die Bösartigkeit einzelner Personen zurückzuführen, sie liegen vielmehr im kapitalistischen System begründet. Wo jede Leistung und alles Produzierte daran gemessen wird, ob es Profit bringt oder nicht, ist es nur logisch, dass Universitäten ihre Studierenden so betrachten, wie der*die Fabrikant*in das mit "seinen" Arbeiter*innen macht. Dass Eltern, die nichts anderes gelernt haben, von ihrem langjährigen Investment, also dem "Kind", wenigstens Gehorsam und noch besser eine große Karriere verlangen, passt auch in dieses Schema. Und dass Studium wenig mit dem Klischee des Müßiggangs und viel mit stupiden aber belastenden Tätigkeiten zu tun hat, liegt daran, dass die Produktion von massenweise Humankapital eben die Aufgabe der Universität ist.

Organisiert Euch!

Aber diese Tatsache hat auch etwas Gutes: Das Elend des Studiums ist beleg- und seine Grundlagen sind erforschbar. Es ist also kein Schicksal und kein böses Spiel, sondern die grassierende Unvernunft, die uns von einem guten Leben abhält. Das bedeutet vor allem, dass man sich dagegen wehren kann. Wir werden morgen wahrscheinlich nicht den Kapitalismus abschafffen, denn das ist ein rechter langer Weg. Allerdings werden wir und andere linke Hochschulgruppen immer dafür werben, diesen Weg zu gehen und wehren uns dabei gegen die kleineren Zumutungen. Wir organisieren Protest, aus dem Widerstand werden kann. Gemeinsam können wir die Logik der Universität bekämpfen, Helikoptereltern abschießen und das Ende der Ausbeutung planen!
Sozialistisch-demokratischer Studierendenverband - SDS Halle
PS: Eine Möglichkeit dagegen etwas zu tun, ist zum Beispiel bei unseren Treffen vorbeizukommen. Abwechselnd einmal die Woche Dienstags oder Freitags im Linken Laden (Leitergasse 4) ab 18 Uhr. Weitere Termine findet ihr hier: http://sdsmlu.blogspot.de/ und hier https://www.facebook.com/Sds.mlu/.

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